17.4.07

Leben wie Kami in Japan

So langsam kriegt uns die Zivilisation wieder. Auf unserem Weg quer durch Kyushu haben wir gestern einen Zwischenstopp im Badeörtchen Kurokawa Onsen (auf gut Deutsch: "Bad Schwarzfluss") gemacht. Der Ort liegt am Rande der Aso Kaldera, einem der größten (zum Glück erloschenen...) Vukankrater der Welt, mit ca. 25km Durchmesser. Kurokawa Onsen selbst ist nicht mehr als eine Ansammlung von einem guten Dutzend Ryokan (traditionelle japanische Herbergen) mit jeweils dazugehörigen Onsen (heißen Bädern) und ist mit einer der beliebtesten Ausflugsziele dieser Art in Japan.

Wir fuhren mit dem Highwaybus vom Busterminal am Bahnhof Hakata ab (dafür musste man in den dritten Stock, die Busterminals hier sind wie nicht anders zu erwarten extrem gut durchorganisiert. Im Busterminal fiel uns auf, dass der Bus auch ein Transportmittel für die jenigen ist, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind. Ein ziemlich offensichtlich der Unterschicht zugehöriger Mann quatschte uns an, endlich mal eine Chance meine Japanischkenntnisse praktisch anzuwenden! Was auch ganz gut klappte. Als Gaijin mit Riesenrucksack und weiterem Gepäck zieht man natürlich immer eine Menge Aufmerksamkeit auf sich.

Die Busfahrt selbst verlief ziemlich ereignislos, in Kurokawa Onsen angekommen, wurden wir an der Bushaltestelle am Ortseingang rausgelassen. Jetzt hieß es "nur noch" unser Ryokan finden. Als wir es dann auf einer dort aushängenden Karte des Ortes lokalisiert hatten, stellten wir fest, dass es am anderen Ende des Ortes lag. Und wie wir dann unterwegs feststellten waren das gut 2km Fußweg.

Wir wanderten also durch den Ort, geschäftig voller Sonntagsausflüglern, die von Onsen zu Onsen pilgerten. Unser Ryokan lag noch etwas außerhalb, auf dem letzten Kilometer ging es durch den Wald und mittendrin lag dann auch unsere Herberge, das Sanga Ryokan. Schon die Lage war wunderbar, abseits des Trubels und der größeren, schon fast an Touristenbunker gemahnende Ryokan im Ortskern. Drumherum einfach nur Wald.

Dort also angekommen (es war mittlerweile so um 13 Uhr herum) wurden wir gleich zu unserem Zimmer gebracht. Und was uns dort erwartete war wohl so etwas wie die Präsidentensuite. 2 je 8 Tatami-große Räumen, eine kleine Küche, ein Ankleidungsraum, ein Luxusklo mit allen Annehmlichkeiten und der Knaller überhaupt: unser eigenes Outdoor-Bad, das aus einer der heißen Quellen gespeist wurde.

Erstmal wurde uns noch eine Tasse Tee aufgetischt und gefragt, wann wir denn zu Essen gedenken. Wir entschieden uns für 18 Uhr und dafür vorher noch einen Spaziergang zu machen. Für den nächsten Tag wollten wir noch herausfinden, von wo es für uns weitergeht. Nachdem wir erstmal (einer Auskunft einer Dame an der Rezeption folgend) 20 Minuten in die falsche Richtung gewandert waren (dafür aber ein wenig vom Umland gesehen hatten) entschieden wir uns zum Ort zurückzukehren und uns diesen einmal genauer anzusehen.

Dort erhielten wir in der Information auch die benötigte Auskunft wo, wann und wie es für uns weitergehen würde (einfach da wieder einsteigen, wo wir ausgestiegen waren...) und bummelten darauf noch etwas durch den Ort. Dort gab es neben den erwähnten Ryokan und Onsen auch jede Menge kleiner Läden für allerlei Schnickschnack, Lebensmittel und Souvenirs. Letztere lieben die Japaner ja total, man bringt selbstverständlich immer etwas mit nach Hause mit, meistens Spezialitäten des Ortes, den man besucht, häufig Süßigkeiten in schicker Verpackung.

Nachdem wir so gut wie alles gesehen hatten, machten wir uns wieder auf den Rückweg zu unserem Ryokan. Unterwegs sammelte uns noch der Shuttle Bus auf, der uns dann doch erheblich Zeit (und Anstrengung) ersparte. Im Zimmer angekommen, war es Zeit für eine kleine Modenschau, die Hoteleigenen, eigens für Gaijin in größe LLL, Yukata wurden anprobiert!

Dann hieß es: Zeit für's Bad! An der Rezeption konnte man sich Schlüssel für die privaten "Familienbäder" (Kazukoburo) besorgen, aus der Auswahl von dreien wählte ich das offene Bad. Zunächst kam man dort in einen Vorraum, wo man sich komplett entkleidete und seine Klamotten in die Fächer dort legte. Dann ging es raus in den Baderaum. Dort stand ein großer Holzbottich mit gut 2 Meter Durchmesser, der ständig mit heißem Wasser gefüllt wurde. Von dort hatte man einen Blick in den danebenliegenden Wald. Zuallererst steht aber wie üblich eine gründliche Körperreinigung außerhalb des Beckens bevor. Wie üblich war für Shampoo, Conditioner und Körperseife gesorgt. Nachdem möglichst gründlich alle Seifenreste entfernt waren ging es rein ins Bad. Und das Wasser war in der Tat ziemlich heiß, mindestens 40°C. Vorsichtig wagten wir uns dort rein, aber kaum war man drin war man vor allem eins: extreeeeem entspannt.

Allzulang sollte man dort drin nicht verweilen (Blutdruck), also wieder raus und abtrocknen. Wir waren angesichts dieser totalen Entspannung beide etwas wackelig auf den Beinen. Zurück auf dem eigenen Zimmer, ging es jetzt daran unser eigenes Bad zu testen. Auch da: seeeehr entspannend.

Nach der Badesession war es noch ungefähr eine Stunde bis zum Essen, also hieß es mal wieder: japanischer TV-Check! Glücklicherweise gab's auch wieder den Filmkanal, auf dem Filme im Original mit Untertiteln lief und noch glücklicherweise kam was gutes, "The Butterfly Effect". Den allerdings mussten wir abbrechen, den jetzt folgte ein weiteres Highlight: das Abendessen. Dies wurden direkt im Zimmer serviert. Und schon der Anfang sah ziemlich gut aus:

Mit dabei unter anderem eine Metallpfanne (aus einer Hacke) auf der wir Fleisch und Gemüse braten konnten. Auch im Angebot, Oktopusarme, Sashimi (roher Fisch und, glaube ich, Pferdefleisch), Gemüse aller Art und weitere Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte, was es ist. Aber probiert habe ich alles und alles schmeckte mir auch, Martin hatte da schon eher so seine Probleme mit diversen Sachen.

Etwas überraschend wurde dann eine weitere Fuhre Essen hereingebracht, überbackener Fisch und Suppe. Und dann kam noch eine Fuhre, mit Reispapier umwickelte Salatröllchen in Chilisoße und kalte Udon in Soße. Und dann am Schluß noch Suppe und, und auch erst dann: Reis. Und noch einen köstlichen Karamelpudding zum Dessert. Wahnsinn, alles sehr sehr lecker. Das ganze Essen dauerte wohl so ungefähr anderthalb Stunden und wir waren danach ordentlich gesättigt und schon zu dem Zeitpunkt sicher, dass sich jeder Yen für diese Unterkunft gelohnt hatte.

Anschließend wurden unsere Betten gemacht, klar, im Tatamizimmer auf Futons auf dem Boden. Die "Matratzen" waren schön dick und auch die Decke gehörte definitv in die Kategorie Pleumeaux. Vor dem Schlafen gehen guckten wir noch eins der neuen TV-Dramen (die Storyline war auch ganz gut mit geringen Japanischkenntnissen zu verstehen, Geschäftsmann in den Vierzigern heiratet junge Studentin, kurz vor der Hochzeit stellt sich heraus, dass die Mutter des Mädels (die mit dem Rest der Familie in Frankreich lebt) die Jugendliebe des Geschäftsmannes ist. Mutter kehrt nach Japan zurück, nistet sich beim jungen Pärchen ein, Chaos ist vorprogrammiert, Ende der ersten Folge). Als das zu Ende war, hatten wir 22 Uhr, ich war hundemüde und begab mich zum Schlafen.

Am nächsten Morgen gab es ab 8 Uhr in den Gemeinschaftsräumen das Frühstück, jedes Gästezimmer hatte seinen eigenen Tisch. Wieder war der Tisch mit einer Vielzahl von Gerichten gefüllt, viele sicherlich für "Westler" zum Frühstück ungewohnt. Natürlich Fisch, diverse Gemüse (meist eingelegt), ein verlorenes Ei (kalt) in Soße, Suppe, Reis, frische Milch und grüner Tee. Ich habe auch mal wieder alles probiert, auch wenn es mir schwer fiel, weil ich einfach irgendwann satt war. Nach dem Frühstück genehmigten wir uns noch einen Kaffee im Empfangsbereich, wo wir auf ein italienisches Paar trafen, mit dem wir uns eine zeitlang unterhielten, klar, über Japan, die Unterschiede, die guten und schlechten Seiten, Erziehung etc.

Vor dem kurz bevorstehenden Checkout genehmigte ich mir noch ein schnelles Bad in unserem Zimmer und dann ging es zum wohl schmerzhaftesten Teil, dem Bezahlen und somit dem Abschied vom Sanga Ryokan. Diesmal brachte man uns gleich mit dem Shuttlebus zur Bushaltestelle, unterwegs konnte ich mal wieder ein kleines Schwätzchen auf Japanisch führen. Zwar komme ich mir noch immer vor, als hätte ich grad sprechen gelernt, aber, hey, es klappt.

An der Bushaltestelle mussten wir dann keine 10 Minuten warten, bis dann der Bus kam, der uns nach Aso Bahnhof bringen sollte. Mit unseren Riesenrucksäcken sorgten wir gleich für ein großes Hallo bei den Reisenden, die bereits im Bus sassen. Kurz nachdem wir uns gesetzt hatten, quatschten uns auch wieder mal zwei Herren an und wieder mal war mein geballtes Japanischwissen (ungefähr Erbsengroß momentan) gefragt. Während sich der Fahrer des Shuttlebusses noch bemüht hatte, einfaches Japanisch in einer angenehmen Geschwindigkeit zu sprechen, war das diesmal schon etwas schwieriger. Die Fahrgeräusche des Busses waren der Kommunikation auch nicht wirklich zuträglich...

Nach ungefähr einer halben Stunde erreichten wir den Rand des Kraters und blickten von weit oben in eine weite Ebene. Dummerweise war das Wetter nicht wirklich gut, alles war wolkenverhangen, auf Fotos würde man wohl nur ein grau-weisses Irgendwas sehen. Nach dem Abstieg zum Kraterboden durch ein nicht enden wollendes Serpentinengekurve war es nicht mehr lang, bis wie den Bahnhof von Aso Town erreicht hatten. Ein klitzekleiner Bahnhof in der Mitte von Nirgendwo. Dummerweise mussten wir auch noch eine gute Stunde auf unseren Zug warten. Ein kurzer Rundgang durch Aso brachte dann auch nicht viel Unterhaltendes hervor, im Konbini deckten wir uns mit Nahrung ein und im Postamt konnten wir weitere Postkarten auf die Reise schicken. Aber sonst... nüscht. Dazu kam dann noch, dass sich das Wetter zunehmend verschlechterte. Als wir schließlich im Zug saßen, begann es sogar stark zu hageln und anschließend liess der Wind den Regen fast waagerecht "fallen". Aber jetzt sind wir ja im Zug (der nur aus zwei Wagen besteht, aber 2 reizende Zugbegleiterinnen hat, die einen ständig betüddeln) und sind auch knapp vor dem nächsten Ziel: Beppu.

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