Das Kapitel Osaka ist beendet! Gestern hatten wir wieder einmal einen ziemlich aktiven Tag, was bei dem mittlerweile doch sehr guten frühlingshaften Wetter auch leicht viel. Unser erstes Ziel war Nara, ungefähr eine dreiviertel Stunde außerhalb Osakas. Bevor unsere Reise überhaupt losgegangen war, gab es eine Begegnung der unangenehmen Art: am Eingangstor des kleinen Bahnhofs hatte ein offensichtlich betrunkener Typ sein gesamtes Hab und Gut verstreut und war gerade dabei alles einzusammeln. Als Martin da vorbei wollte und auf Zehenspitzen durchtaperte wurde der Typ ziemlich laut und (das verstand man auch ohne Japanischkenntnisse) beleidigend. Martin fuhr rechtzeitig zurück, denn der Typ spuckte auf den Boden vor ihm. Daraufhin wies ihn der Bahnhofskassenmensch ziemlich bestimmt zurecht und während des Streitgesprächs der beiden huschten wir schnell durchs Tor auf Gleis.
Endlich in Nara angekommen gibt es dort jede Menge Tempel zu sehen und, wie auch auf Miyajima, haufenweise Rehe:
Die Viecher gelten als heilig, sind natürlich null menschenscheu und stehen ebenfalls selbstverständlich sofort parat, wenn es so aussieht, als hätte man etwas zu Essen für sie. Dafür werden an den dutzenden Souvenirständen spezielle Reiskekse verkauft. Aber die Rehe sind offensichtlich Allesfresser, wie Martin feststellen musste, als ihm ein Reh seine Stadtkarte aus der Hosentasche stibitzte, als er gerade ein Foto machte. Das Viech hat auch tatsächlich in aller Seelenruhe die Karte genüßlich aufgefuttert.
Hauptattrakion von Nara jedoch ist der Todaiji Tempel mit der Daibutsuden, der Großen Buddha Halle. Dies ist das größte hölzerne Gebäude der Welt, ein ziemlich imposanter Anblick:
Interessant auch, dass das jetztige Gebäude nur ein kleinerer Nachbau aus dem frühen 18. Jahrhundert ist, das Originalgebäude aus dem 8. Jahrhundert (!) war noch größer und von zwei ca. 100 Meter hohen Pagoden flankiert.
Die Große Buddha Halle beherbergt eine, na wer errät es?, riesengroße bronzene Buddhastatue. Auch das, sehr beeindruckend.
Im Tempel bemerkten wir dann plötzlich eine Ecke, in der große Stimmung herrschte. Dort fanden wir eine Säule vor, an deren Fuß sich ein rund 30x50cm großes Loch befand. Unter großen Gejubel krochen dort die Besucher (mehr oder weniger selbstständig) durch. Da es endlich mal an die Zeit gekommen war, mich auch einmal zum Affen zu machen, entschloß ich mich es auch einmal zu versuchen. Und Martin war so nett davon ein Video zu machen. (Folgt später!)
Rei erzählte später, dass es sich dabei um des Buddhas Nasenloch handelte, das Loch hätte die gleiche Größe wie das Nasenloch an der großen Buddhastatue.
Nachdem unser Tempelpensum in Nara auch irgendwann erfüllt war und es gerade erst früher Nachmittag war, machten wir uns auf den Weg Richtung Kyoto. Ich hatte Martin vorgeschlagen, den Inari-yama zu besuchen. Das ist der Berg mit den vielen roten Toren (Torii) den ich schon bei meiner letzten Reise besucht hatte. Dort war angenehm wenig los und mit dem schönen Nachmittagslicht war es auch beim zweiten Mal die Reise wert gewesen.
Leider war von den Aussichtspunkten keine wirklich gute Aussicht möglich, da es noch immer ziemlich diesig ist. Schade.
Rechtzeitig machten wir uns auf den Rückweg nach Osaka, da wir zum Abendessen mit Rei verabredet waren. Zwar hatte ich die Befürchtung, es würde nicht so einfach werden uns am Osaka'er Bahnhof zu treffen, aber als Gaijin stechen wir wohl doch ganz gut aus der Menge heraus. Dann natürlich die Frage: was sollen wir essen? Da Osaka für Okonomiyaki und Takoyaki bekannt ist, standen diese beiden Gerichte zur Wahl. Da Martin aber kein Freund von (erkennbaren) Meeresfrüchten ist und Takoyaki ja mit Oktopusarmen gefüllt sind, fiel die Wahl auf Okonomiyaki. Womit ich auch durchaus leben könnte, schließlich liebe ich das Zeug.
Während dem Essen beherrschten vor allem Nerdthemen unser Gespräch, vor allem weil Rei momentan seeehr regelmäßig World of Warcraft spielt (ich will hier nicht von Sucht sprechen...) und sie ja auch mein Konsolenfantum kennt und teilt.
Nach dem Essen (mal wieder leeecker!) beschlossen wir noch woanders etwas trinken zu gehen. Rei führte uns in das Vergnügungsviertel, in dem wir schon gestern waren und bog plötzlich in einen unauffälligen, engen Hauseingang ein. Dort führte eine Treppe ins Untergeschoß, die Wände links und rechts wirkten wie grobes Fachwerk, Holzbalken und Lehm. Tatsächlich befand sich dort unten eine ziemlich urige Kneipe (Japanstyle, Iyakaza also), wo jedes Getränk nur 300 Yen (rund 2 Euro) kostet. Da zahlte es sich mal wieder aus, mit jemandem unterwegs zu sein, der sich auskennt. Zum Getränk gab es mal wieder Kleinigkeiten zu futtern, neben den uns schon aus Tokyo bekannten Edamame (grüne Bohnen) bestellte Rei noch kleine Geflügelhackbällchen, frittierten Käse und ... frittierte Hühnerknorpel. Letztere schmeckten mir zumindest ganz okay, die Hühnerhälse allerdings, die ich in Tokyo gegessen hatte, mag ich lieber. Aber wir wollten ja mal was ausprobieren.
Rei trank übrigens einen Calpis-Longdrink. Calpis habe ich vorgestern auch zum ersten Mal probiert. Es wird aus fermentierter Milch hergestellt, erinnert leicht an Joghurt und zumindest in der Variante die ich hatte noch an Ananas oder Pfirsich. Lecker auf jeden Fall. Angesichts des etwas merkwürdigen Namens wird Calpis in anderen englischsprachigen Ländern übrigens als Calpico verkauft.
Um kurz vor 11 trennten sich dann unsere Wege wieder. Auf dem Heimweg zum Hotel durchfuhr mich plötzlich ein Schrecken: unser Hotel hatte ja einen Curfew, war das nicht um 11? Martin war sich zwar ziemlich sicher, dass das erst um 12 war, nichts desto trotz liefen wir vom Bahnhof schnellsten Schrittes zum Hotel... und siehe da, Martin hatte Recht gehabt, ich hab mich umsonst gestreßt.
Spät war es aber trotzdem, Zeit für einen Blogeintrag blieb nicht mehr (hiermit nachgeholt), auch für Wäsche waschen und ein Bad leider auch nicht mehr.
Heute morgen standen wir zeitig auf, packten unsere Sachen, guckten nebenbei noch Pitagora Suicchi (es gibt übrigens gerade neu eine DVD mit den ganzen Kugelbahnen, leider keine kompletten Folgen) und checkten dann aus. Ein letztes Mal vorbei an den Obdachlosen, Alkis und Arbeitern, Auf Wiedersehen Osaka. Mittlerweile sind wir eine halbe Stunde vor unserer Ankunft in unserem nächsten Ziel, Matsue. Ein wenig schlecht wird mir auch gerade, von daher hör ich jetzt besser mal auf...
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