Einen ganz schönen Trip habe ich heute hinter mir: einmal Hölle und zurück, mit Zwischenstopp in der Wartehalle der Seelen. Ziel des heutigen Ausflugs war Osore-zan und von dem, was im Reiseführer steht, schien es sich um den Eingang der (buddhistischen) Hölle zu handeln. Aber irgendwie bin ich schon früher in der Hölle gelandet als ich das vor hatte. Aber erstmal beim Frühstück angefangen. Das gab es im Hoteleigenen Restaurant, im 11. Stock. Also auch mit Aussicht auf die Bucht vor Aomori. Naja, zumindest das was man sehen konnte, für micht wenig überraschend war der Himmel nämlich... na? grau vor lauter Wolken. Toll, würde das schon wieder ein regennasser Ausflug werden?
Vorher wurde erstmal das Frühstücksbuffet geplündert, dort gab es sowohl Sachen aus dem "westlichen" und dem japanischen Frühstückssektor. Man konnte also lustig kombinieren. Naja, ganz nett aber nicht der Überflieger.
Nach dem Frühstück auf zum Bahnhof und dann in die Bimmelbahn nach Shimokita, wo es dann im Bus weitergehen sollte. Und obwohl der Zug voll war mit offensichtlichen Touris, hab ich es doch geschafft, erstmal in die falsche Richtung zu laufen. Mit dem Ergebnis, dass als ich die richtige Bushaltestelle gefunden hatte, den Bus natürlich verpasst hatte. Und der nächste fuhr erst... bitte festhalten: in 3 Stunden!!! Aus dem Reiseführer wusste ich, es gab noch eine andere Busfahrmöglichkeit. Also losgetigert, die andere Linie gesucht. Rumgelaufen wie blöd, mal in die Richtung, in die andere, nochmal in die... irgendwann hatte ich die richtige Haltestelle gefunden. Rein in den Bus, bis zur Endstation, nach dem Terminal gefragt... ach ja, das war ja eine Haltestelle vorher! Also wieder (zum Glück nur ein paar Hundert Meter) zurück und da das Terminal... von der Linie gefunden, die ja erst um 14 Uhr fährt! Uffz. Da hab ichs aufgegeben, mir ein Ticket gekauft und mich dahin gehockt.
Wer Japan mal von unten, quasi das Hartz 4-Equivalent, erleben will, der setze sich einfach mal für ne Stunde in ein Busterminal. Wat da so an Volk rumläuft... am besten war der Renter, der alle 10 Minuten zu der Kassiererin lief um vermutlich jedes Mal die gleiche Frage zu stellen oder um noch mal auf den Fahrplan zu gucken. Zwischendurch schlürfte er Kaffee aus der Dose oder klapperte mit seinem Gebiss rum. Ich war eh schon angefressen wegen der Buspleite, das hätte mir fast den Rest gegeben. Zum Glück fuhr dann der Bus ab und er alte Herr nicht mit.
Nach ungefähr einer halbstündigen Fahrt durch die steilen Straßen im Urwald (nuja, es scheint auf jeden Fall wild zu wachsen) und einem Zwischenstopp an einer Quelle, zum rituellen Wassertrinken, tauchte dann endlich ein See auf und an dessen Ufer das Ziel: Osore-zan. Die Legende zu diesem Ort: vor rund 1200 Jahren, als der buddhistische Priester En'nin in China für Studien war, erschien ihm im Traum ein Mönch. Dieser teilte En'nin mit, er möge nach seiner Rückkehr nach Japan nach Osten gehen. Nach einem 30-tägigen Marsch von Kyoto aus würde er einen heiligen Berg finden. Dort solle er dann eine Statue des Bodhisattva Jizou aufstellen und den Buddhismus lehren. Nach einigen Mühen landete er dann in den Bergen der Shimokita-Halbinsel und fand dort den See, wo Osore-zan jetzt steht. Zufälligerweise ist der See von 8 Gipfeln umgeben, genau so viele wie Blütenblätter am Lotus, das Symbol der Welt Buddhas. Und es finden sich angeblich 108 Teiche mit kochendem Schlamm und Wasser und 108 ist im Buddhismus die Anzahl der weltlichen "Gelüste" und Sehnsüchte.
Am See findet man jetzt also einige dicht bewaldete Gipfel, eine harsche Landschaft aus Vulkangestein, viel Blubbern und Dampfen, kleine bemäntelte Buddhafiguren wie diese hier:
Weil das auch ein Ort ist, an dem vor allem den verstorbenen Kindern gedacht wird, stehen überall kleine bunte Windräder herum. An diesem Tag war es ziemlich windig und so gehörte neben dem allgegenwärtigen Krächzen der Raben (oder Krähen?) das Quietschen und Flattern der Windspiele zur Geräuschkulisse. Eine recht unheimliche Atmosphäre, mit den wolkenverhangenen Gipfeln und dem leichten Nieselregen. Da es sich um einen der heiligsten Orte Japans handelt, darf natürlich auch ein Tempel nicht fehlen, der aber neben der ihn umgebenen Landschaft wenig aufregend ist:
Nach dem Tempel führt ein Rundweg durch die karge Vulkanlandschaft. Es riecht überall nach Schwefel, kleine Berge aus Vulkangestein sind aufgehäuft und daneben der total klare (weil vermutlich ziemlich tote, mal von diversen Bakterien und ähnlichem abgesehen) See.
Nachdem ich mir alles aufmerksam angesehen und den Rundgang beendet hatte ging es wieder zurück zum Ausgang und zur Bushaltestelle. Und jetzt ratet mal: klar, ich hatte den Bus gerade verpasst. Und weil der nur viermal am Tag fährt, musste ich mal wieder 2 Stunden auf den nächsten warten. Das Restaurant dort machte gerade zu, Essen war also auch nicht drin, also in das Wartehäuschen gehockt, das glücklicherweise sauber und gemütlich war. Dort lagen ein paar Gästebücher herum, in denen ich ein wenig herumblätterte, um die Zeit totzuschlagen. Mit dem Handy spielen war auch nicht mehr, der Akku ging zu neige.
Irgendwann kam er dann endlich, der letzte Bus des Tages. Der Busfahrer machte im Wartehäuschen noch die Jalousien und die Tür zu und dann gings wieder runter nach Shimokita. Was war ich heilfroh wieder da unten zu sein und vor allem gleich einen Zug nach Aomori zu erwischen. Nur doof das die Zugfahrt knapp 2 Stunden dauerte und außer der Dunkelheit draußen nicht viel zu sehen war. Irgendwann war ich dann endlich wieder "zu Hause", schnell noch im Konbini ein Abendessen geholt (Flaisch! und zum Nachtisch lecker Pudding) ab ins Hotel und Feierabend machen. Zwar war der Besuch von Osore-zan ein absolutes Erlebnis, jedoch der dorthin und wieder zurück vor allem eins: die Hölle.
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