13.11.05

Im Emotionstaumel...

Zu meinem Abschied aus Kyoto gab es dann gestern abend tatsächlich, wie geplant, eine kleine große Sause. Nachdem ich mich den ganzen Tag über geschont hatte (meine Füße... Blasen...) hatte ich mich dann für den Abend mit Flo und dem Rest der Gang verabredet. Da es bis zum verabredeten Zeitpunkt noch einiges hin war, hab ich mich mit einem Finnen unterhalten, der grad im Costa del Sol angekommen war. Ein Finne der Wodka hasst! Was es nicht alles gibt! Wir unterhielten uns also über Japan (klar...), Sprachen im allgemeinen und auch im besonderen und er berichtete auch von seiner ersten Reise nach Japan. Da hat er sich nämlich mit der Transsibierischen Eisenbahn gen Nippon aufgemacht. 7 Tage Zugfahrt, in einem Zug voller Soldaten und Das-was-früher-mal-KGB-war-Beamter. Klang recht spannend.

Um Elf traf ich mich dann mit der Partycrew in Downtown Kyoto. Leider konnte Rei diesmal nicht mitkomen, weil sie den Tag zum Aufräumen genutzt hat und am Abend einfach keine Lust mehr hatte. Mit den Jungs ging es dann erstmal was essen, diesmal gab es Udon, Nudelsuppe mit dicken Nudeln. Dann ging es noch fix in den Konbini, schließlich wollte man auf dem Weg zum Club noch was vorglühen. Außerdem waren zwei unserer Begleiter schon ziemlich gut dabei, da musste der Rest noch ran. Schon der Weg zum Club wurde ziemlich spaßig. Auf den Straßen wimmelte es zudem noch von vergnügungssüchtigen Japanern, die teilweise schon an ihrem Limit angelangt waren, was den Alkoholkonsum angeht.

Unterwegs sahen wir auch ein paar mal kleinere Gruppen von Polizisten, die auf einen Betrunkenen einredeten, der es wohl etwas zu weit getrieben hatte. In Deutschland hätten die Polizisten der Typen vermutlich schon dreimal zu Boden geknüppelt, da haben die japanischen Kollegen noch auf ihn eingeredet. Flo meinte eh, dass er mittlerweile die japanschen Polizisten für ziemliche Weicheier hält.

Nach einiger Zeit sind wir dann im Metroclub angekommen (der Club ist in einem U-Bahneingang, daher der Name, nehme ich mal schwer an), nicht lang fackeln, rein da. An diesem Abend war wohl so ne Art "Eine-Welt-Party" angesagt, nachdem zuerst so tranciges Zeug lief, bestiegen ein paar Trommler die Bühne und trommelten sich einen ab. Die brauchten allerdings auch einige Zeit, bis die sich eingegroovet hatten. An diesem Abend waren wohl, zumindest laut Aussage der anderen, ungewöhnliche viele Auswärtige im Club. So oder so, die Stimmung stieg, wir machten unsere Party und irgendwann war's auch schon fast fünf.

Flo und Julian hatten sich zwar zwischendurch für ein Nickerchen zurückgezogen...

aber die haben wir auch wieder wachgekriegt. Zwischendurch hat noch so ein Hippietyp mit seiner Band ein wenig afrikanische und asiatische Musik gejammt. Der war auch voll gut drauf, du!

Um kurz vor fünf beschlossen wir also das Etablissement zu verlassen und stürmten den 99-Yen-Laden (jawoll, noch billiger als 100 Yen geht auch!) nebenan. Während ich mich mit allerlei Süßkram vollgestopft habe (Minibaumkuchen!), war es denn anderen mehr nach was herzaften, wie Instantnudelsuppe...

oder Teriyakiburger, in der Superatommikrowelle auf glühendheisse Temperatur gebracht. Aber wen der Hunger packt verkraftet auch das:

Nach gut 3 Stunden erholsamen Schlafes (pff...) war für mich dann wieder Zeit aufzustehen, denn es hieß "Sayonara, Kyoto!" und "Ohayou, Hiroshima!". Die Zugfahrt klappte auch wie gewohnt problemlos, die große Schwierigkeit war allerdings dann in Hiroshima ein freies Schließfach zu finden. Ich wollte ja einfach mein Gepäck im Schließfach am Bahnhof lassen und mir dann in Ruhe den Friedenserinnerungspark ansehen. Nach einiger Sucherei, Flucherei und Fragerei hab ich dann auch ein passendes Schließfach gefunden und dann ging es mit der Bimmelbahn zum Gedenkpark. In Hiroshima gibt es nämlich noch eine gute alte Straßenbahn, teilweise auch richtig alt und rumpelig.

Allerdings muss sich die Bahn auch durch den Verkehr kämpfen und steht eigentlich mehr als das sie fährt. Für japanische Verhältnisse ein echtes Geduldsspiel. Die Bezahlung läuft ziemlich kompliziert: man steigt an bestimmten Türen ein und bezahlt dann beim Rausgehen am Ausgang. Dort steht der Schaffner oder der Fahrer selber und passt drauf auf, dass auch jeder brav bezahlt. Gott sei Dank ist der Betrag in der ganzen Stadt immer gleich, egal wie weit man fährt, man zahlt immer schlappe 150 Yen. Also grad mal einen Euro.

Aus der Bahn ausgestiegen sieht man auch sofort Hiroshimas wohl bekannteste Sehenswürdigkeit: den Atombombendom. Eins der wenigen Gebäude, die nach dem Abwurf der ersten Atombombe stehen geblieben ist und jetzt als Mahnung erhalten wird.

Drumherum liegt der Friedenspark, gefüllt mir diversen weiteren Mahnmalen, zum Beispiel für die Kinder Hiroshimas...

oder im Gedenken an all die Koreaner, die während dem zweiten Weltkrieg in Japan Zwangsarbeit verrichten mussten und in Hiroshima umkamen.

Das zentrale Denkmal ist diese Skulptur, die in einer Achse mit der Friedensflamme und dem Atombombendom steht.

Ebenfalls im Park liegt das Museum. Drinnen wird die Geschichte Hiroshimas vor und nach dem 6. August 1945 erzählt, wie es zum Abwurf der Atombombe kam, die furchtbaren Folgen und wie die Stadt wieder aus den Trümmern wieder auferstand. Teilweise sehr erschütternd was dort zu sehen ist und manchmal auch auch sehr harter Tobak (Bilder von entstellten Opfern, Hautreste, Fingernägel usw.). Aber auch lehrreich und hoffnungsvoll, wenn man sieht, wie die zerstörte Stadt wieder aufblühte und wie dort weiter für den Frieden und die völlige Abschaffung von Nuklearwaffen gekämpft wird. Das neue Hiroshima wirkt nämlich sehr lebhaft, ich bereue es doch etwas, nicht doch etwas länger dort zu bleiben.

Aber jetzt sitze ich schon in der Jugendherberge in Miyajimaguchi. Nach den Warnungen von Javier und Ramon habe ich ja schon mit dem schlimmsten gerechnet, aber es geht noch so. Der alte Herbergsvater ist ein echt lustiger Vogel. Die Einrichtung ist allerdings in der Tat ziemlich alt und teilweise recht dreckig und vor allem herrscht hier ein sehr merkwürdiger Geruch. Und dann führt noch eine viel befahrene Straße vor der Tür entlang. Nun ja, eine Nacht werde ich das schon überleben.

Der Herbergsvater hat mir dann auch einen Tipp gegeben, wo ich hier mal Okonomiyaki im Hiroshima-Stil probieren kann. Der ist nämlich ziemlich anders als der Osaka-Stil. Zwar wird auch mit viel Weißkohl und Pfannkuchenteig gearbeitet, aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon so ziemlich auf. Nun ja, das Endergebnis sieht ähnlich aus, aber es schmeckt schon anders. Mit hat allerdings der Osaka-Okonomiyaki besser geschmeckt, ist aber beides nicht zu verachten.

Übrigens hab ich in dem Mall, in dem das Restaurant ist, ein paar ziemlich coole Fahrräder gesehen. Klappräder sind hier ziemlich hip und in der dortigen Fahrradabteilung hab ich dann auch welche von Airwalk gesehen. Muss mal schauen, ob die auch bei uns zu kriegen sind oder ob man sowas tatsächlich importieren muss. Morgen werde ich mich in aller Herrgottsfrühe auf die Fähre begeben und nach Miyajima rüberschippern. Und danach geht es wieder weiter, diesmal nach Takamatsu. Ich hoffe nur, dass ich da eine günstige Unterkunft finde...

1 Kommentar:

ユーリアン hat gesagt…

Na, da wurde ich ja in den besten Posen erwischt!
Der Teriyaki-Burger war übrigens ein Cheeseburger, wenn ich mich richtig erinnere - aber nach der Behandlung durch die Atommikrowelle macht das geschmacklich sicher keinen Unterschied mehr...
Viele Grüße aus Kyoto!

P.S.: Yeah - Beaver & Steve! (in der Linkliste entdeckt)
Auch zu empfehlen:

http://www.orneryboy.com
und
http://www.wulffmorgenthaler.com
(um nur zwei meiner Favouriten zu nennen)