11.1.16

Ein Bahnhof, ganz für mich allein?

Es ist einfach eine schöne Geschichte: die japanische Gesellschaft erhält einen kleinen Bahnhof im tiefsten ländlichen Hokkaido nur, damit ein Schulmädchen jeden Tag zur Schule und wieder zurück kommt. Das berichtet zumindest ein Facebookpost des chinesischen Newssenders CCTV über den Bahnhof Kami-Shirataki im Herzen Hokkaidos. Eigentlich sollte die Station auf Grund von Unwirtschaftlichkeit schon längst geschlossen werden, doch dann hätte man festgestellt, dass dort Tag für Tag ein Schulmädchen zusteigen würde. Deshalb habe man sich entschlossen, den Zug einmal morgens und einmal nachmittags dort halten zu lassen und mit der Schließung bis zum Schulabschluss der Schülerin im März 2016 zu warten. Wie gesagt, eine schöne, fast romantische Geschichte. Vergleiche zu Hayao Miyazakis Ghiblifilme wurden gezogen (zum Beispiel hier bei Citylab). Ich selber hätte keine Probleme gehabt, dieser Geschichte zu glauben.

Aber wie es scheint, ist die Wirklichkeit dann doch etwas unromantischer: laut der taiwanesischen "Apple Daily" (bzw. der Strait Times aus Singapur, für die Apple Daily ist mein Mandarin zu dürftig...) steigt besagte Schülerin zwei Stationen weiter in Kyû-Shirataki mit 10 anderen Mitschülern ein. Und vermutlich hat die "Aufschiebung" der Schließung der Station im März 2016 auch nichts mit dem täglichen Zusteigen einer Passagierin zu tun. Schließlich fallen zu dem Zeitpunkt auch noch zwei weitere Stopps, Kyû- und Shimo-Shirataki mit weg. Die Realität ist dann halt doch wie der Winter in Hokkaido: hart und kalt.

Ein von supersoya (@supersoya) gepostetes Foto am
Wenn man sich übrigens mal die Fotos von dort bei Instagram anschaut, scheint der kleine Bahnhof ein beliebtes Ziel für Bahnhofsgroundhopper (auf Japanisch "Testudo Otaku") zu sein. Dürfte auf jeden Fall zu einem der am schwierigsten zu erreichenden Stationen zu gehören...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke für die Nachforschung. Ich bin letztens auch über die Meldung gestolpert und habe mich gefragt ob das so stimmt. Wobei ich mir das in Japan schon hätte vorstellen können.

Grüße, Fab