22.10.11

Warum ich so wenig hier poste

Um es kurz zu machen. Es ist echt die Pest mit dem iPad zu bloggen, zumindest wenn man auch noch Fotos einbinden will. Zumindest habe ich bisher noch keine vernünftige Lösung oder eine gute App für diesen Zweck gefunden. Empfehlungen nehme ich gerne entgegen. Ansonsten folge man mir bei Twitter oder Google+, da gibt's auf jeden Fall mehr zu sehen...

Traditionen

Angekommen. Nach dem 11 stündigen Flug mit diversen Hindernissen wurden wir am Flughafen von den Schwiegereltern in Empfang genommen. Dann schnell und entspannt mit dem Skyliner Expresszug in die Innenstadt. Die Koffer noch zu Hause abgestellt und dann war es auch schon Mittag und somit Essenszeit! Es ging ein paar Häuser weiter in ein kleines Teishoku-Restaurant. Das ist die japanische Variante von "Futtern wie bei Muttern". Schnitzel, Hacksteaks, frittiertes aus dem Meer... Und alles im Set, mit Suppe, Reis und diversen Beilagen. Preis für das ganze: 850¥ (momentan "dank" schwachem Euro ungefähr 8,50€)

Nach einem etwas längeren Mittagsschlaf (gut gegessen + Jetlag) waren dann noch ein paar Stunden Zeit bis zum Abendessen. Also tat ich das, was ich seit meiner ersten Japanreise 2005 immer am ersten Tag gemacht habe und begab mich nach Asakusa, zum Tempel Senso-ji. Beim Verlassen der U-Bahn erwartete mich ein Anblick, an den ich mich auch erst noch etwas gewöhnen muss, denn zwischen den altbekannten Gebäuden der Zentrale der Asahi Brauerei ragt unübersehbar der fast fertiggestellte Tokyo Sky Tree heraus.
Alles beim Alten war dann beim Tempel selbst. Noch immer jede Menge Touristen und Schulklassen, die sich an all den kleinen Souvenirständen, die den Weg zum Tempel links und rechts säumen, vorbeidrängeln. Noch immer weht man sich den heiligen Rauch auf all die Körperteile, für die man Kraft und Gesundheit erbittet (meistens weht die Hand richtung Kopf). Und noch immer wirft man vor dem Beten eine Münze in die Sammelkisten, alles wie gehabt. Nachdem ich also für eine sichere Reise gebetet hatte, war noch genug Zeit, um den Rückweg zu Fuß anzutreten. Auf dem Weg kam ich auch an der Kappabashi-dori vorbei, einer Strasse, auf der man alles (und ich meine ALLES) kaufen kann, man was für Küche und Restaurant so braucht. Alles unter den wachsamen Augen des Riesenkochs... Kurz darauf dämmerte es auch schon, Tokyo begann die allabendliche Neonlightshow mit einem prächtigen Abendhimmel...
Und dann war es um halb sechs auch schon zappenduster. Am Abend folgte noch ein ebenfalls schon so gut wie traditionelles Abendessen, im Restaurant von Freunden der Familie meiner Frau. Ein kleines aber sehr feines Restaurant mit traditioneller japanischer Küche, dort haben wir auch unser Hochzeitsessen veranstaltet. Und auch dieses Mal war es ein Festival der Köstlichkeiten, das scheinbar nicht enden wollte. Es begann mit einer Sashimi-Platte, einer Auswahl von gebratenem Fisch (unter anderem Mini-Kugelfisch) und Fleisch in verschiedenen Varianten, es folgten Nudeln, Reis und Suppen, dazu Bier und Sake (warm und kalt). Danach waren wir wieder einmal müde und vor allem satt. Und somit ging es ganz traditionell in den Tatamiraum mit dem Futon auf dem Boden ohne große Unterbrechung ins Reich der Träume.

19.10.11

Sitzplatzwechsel mit Folgen

Meine Frau ist schwanger. Und wie man allgemein weiß, brauchen schwangere Frauen auch mal eine Sonderbehandlung. Zum Beispiel im Flugzeug, insbesondere bei einem Langstreckenflug von fast 11 Stunden. Ich melde das also brav am Check-in-Schalter an und der freundliche junge Mann dort müht sich auch redlich, er packt für meine Frau auch seine Japanischkenntnisse aus. Bei den sogenannten Babyplätzen ist noch was frei, da gibt es auch mehr Beinfreiheit. Juhu, denken wir und nehmen die geänderten Bordpässe an uns.

Als es dann ins Flugzeug geht, fällt uns auf: auf den neuen Bordkarten stehen ja die gleichen Plätze drauf, mit denen ich uns online eingecheckt habe, nix mit Babyplätzen... Also flugs den Flugbegleiter gefragt, ob da nicht etwas zu machen sei. Klar, kein Problem, der Flieger sei eh nicht voll. Also auf die Plätze, auf die uns der Typ beim Check-in eigentlich hinbuchen wollte. Dann taucht aber ein Paar auf, die dann wohl auf diese Plätze noch gebucht wurden. Wir machen also eine Platztausch aus, schwanger sticht Alter. Dann bekommt meine Frau aber ein schlechtes Gewissen und sucht andere, freie Plätze. Die findet sie auch irgendwann, also wechseln wir nochmal und die älteren Herrschafften dürfen auf ihre eigentlichen Plätze.

Der Flieger hebt ab, los geht's. Was folgt ist Ernüchterung: die Plätze sind direkt an der "Bordküche", wo meistens viel Betrieb herrscht. Und dann ist noch das Inseat-Entertainment bei meiner Frau kaputt. Und wir können das Licht bei ihr nich ausmachen. Undundund, das Ende vom Lied: in Zukunft will meine Frau nicht mehr mit Lufthansa fliegen. Mal sehen, wie der Rückflug wird. Diesmal kümmern wir uns auf jeden Fall früher um ordentliche Plätze...

15.10.11

Der Countdown läuft!

Noch drei Tage, dann geht es wieder zurück nach Tokyo! Auf dem Programm steht Schwiegereltern besuchen (natürlich), viel viel essen, einkaufen, fotografieren undundund... Und auch endlich mal wieder mit dem Japan Rail Pass ein bisschen durch Japan reisen. Meine Frau Miho darf ja jetzt, wo sie mit einem Nicht-Japaner verheiratet ist und im Ausland lebt auch in den Genuss des Rail Pass kommen. Auf dem Plan steht auf jeden Fall ein Kyoto-Besuch, mal sehen, wo wir uns noch hinwagen. Ist halt auch alles etwas knifflig, mit einer Schwangeren zu reisen.

Bei dieser Reise werde ich auch einiges an neuem technischen Equipment mit mir rumschleppen. Getippt wird der Blog diesmal mit dem iPad (mal schauen wie gut das geht...), fotografiert und gefilmt mit einer Olympus Pen PL-1 und in Sachen Smartphone nehme ich mein Xperia-Handy mit und miete mir einen tragbaren WiFi-Router (4G/LTE), bin mal gespannt, wie das klappt.

Jetzt muss ich aber mal den Koffer aus dem Keller holen. Ach, und Mitbringsel müssen wir auch noch kaufen...

30.8.11

Ein TV-Tipp: Japanland auf arte


Diese Woche (bzw. noch morgen und übermorgen...) läuft auf arte um 16:40 Uhr die mehrteilige Dokuserie "Japanland", von einer Amerikanerin, die ein Jahr kreuz und quer durch Japan gewandert ist. Zwar schon was älter (laut Wikipedia in 2001 gedreht), aber sehr interessant, weil man viel von abseits der üblichen Pfade erfährt.

Die bisherigen Folgen kann man auch bei "Arte+7" sehen.

30.6.11

Und um das Sommerloch: ein Bagel

Jedes Jahr das gleiche Problem: um im Sommer deine Zeitung vollzukriegen, musst du auch mal auf totalen Quatsch zurückgreifen. Und wer ist immer für totalen Quatsch gut? Na? Die Japaner natürlich! Der Bild-Zeitung geht es momentan wohl ähnlich und stellt auf altbekannte Art etwas total verrücktes vor: die "Bagelheads"! (Achtung! Link führt zu Bild!) Jungs und Mädels mit ziemlich fies aussehenden Beulen am Kopf! Der neueste Trend aus Japan! Wooooo, k-razy!

Nur: zum einen ist es kein wirklicher Trend, neu ist es auch nicht und aus Japan... naja, entstanden ist es zumindest woanders. Aber der Reihe nach: zum ersten Mal gingen die "Bagelheads" im Sommer 2009 durch's Internet. Das "Bizarre" Magazin berichtete über "extreme body modification", bei der sich ein paar japanische... Freaks Kochsalzlösung unter die Haut injizieren und damit die zuvor erwähnten Beulen am Kopf erzeugten. Die Fotos zu dem Artikel wurden dann vom "Fucked Gaijin"-Forum entdeckt, wo dann auch die Bezeichnung "Bagelheads" entstand (den das Bizarre Mag übrigens dann später in den Artikel übernahm, vorher stand da nix von Bagelheads). Das Ganze ging dann durch Blogs, Twitter, wasweissich und landete irgendwann dann auch in der Mainstream-Presse.

Danach war dann zwei Jahre mehr oder weniger Ruhe, bis das Vice Magazine letzte Woche ein Interview mit dem Fotografen Ryoichi "Keroppy" Maeda veröffentlichte. Der hat diese Methode der Körpermodifikation im Jahr 1999 auf einer Messe in Kanada zum ersten Mal gesehen und brachte im Jahr 2007 das Ganze nach Japan. Wo es halt, wie sicherlich im Rest der Welt, in der Körpermod-Szene gerne mal ausprobiert wird.
Auf jeden Fall wurde der Vice-Artikel natürlich flugs über Blogs und Twitter weiterverbreitet und mirnichtsdirnichts wird auch wieder einmal die Mainstreampresse darauf aufmerksam, die uns das dann als den neuesten heißen Scheiß verkauft. All diese Hintergrundinformationen kriegt man mit ner halben Stunde googlen heraus. Aber bei der Verbindung "Japan" und "crazy shit" setzen ja eh alle journalistischen Vorsätze aus, weil denen traut man ja alles zu. Was kommt als nächstes, nochmal die Geschichte mit dem Höschenautomat?

Was mir aber noch viel mehr auf den Nerv geht, ist das es momentan hunderttausend Themen in Japan gibt, über die es sich lohnen würde zu berichten. Wie läuft der Wiederaufbau im Nordwesten Japans? Wie geht es den Leuten in den Notunterkünften? Was läuft eigentlich momentan im Atomkraftwerk Fukushima? Wie gehen die Leute mit der Strahlenangst um? Wie profitiert die Yakuza von der Katastrophe? Und so könnte ich endlos weiter fragen. Die Antworten darf man sich selber zusammensuchen. Genau so wie die Wahrheit über einen jahrealten obskuren Trend einer Untergrundszene.

11.6.11

Vorher und Nachher

Drei Monate ist es jetzt her, dass das extrem starke Erdbeben Japan erschütterte und der anschließende Tsunami grosse Teile der nordöstlichen Küste überrollte. Über 15.000 Tote wurden mittlerweile gefunden, weiter 8.000 gelten noch immer als vermisst. Der Tsunami hinterließ ein riesiges Chaos an Land, Trümmer zerstörter Häuser, Autos, Schlamm und Dreck. In der Tagesschau eben hörte ich "Die Aufräumarbeiten kommen kaum voran". Doch wenn ich mir diese Vorher-Nachher-Vergleichsbilder ansehe, kann man nur sagen, dass hier bereits Unglaubliches geleistet wurde. Aber noch immer leben viele Menschen, vor allem ältere, in Notunterkünften. Es fehlen neue Häuser, trotz aller Bemühungen, schnell für Ersatzunterkünfte zu sorgen. Aber wie das nun mal so ist, bei einer Katastrophe solchen Ausmasses: wo soll man anfangen, wie mache ich womit weiter. Es bleibt noch immer extrem viel zu tun.

Viel zu tun gibt es natürlich auch noch in den Reaktoren von Fukushima Daiichi. Von dort wechseln sich positive und negative Meldungen ständig ab. Kaum ist ein Kühlkreislauf erneuert, hört man von einem Arbeiter, der bewusstlos zusammenbricht. Man schafft es endlich, ins innere der zerstörten Reaktorgebäude blicken zu können, aber - wie zu erwarten - stellt dann fest, dass es noch schlimmer ist, als erwartet. Aber klar ist auch: die Sorge in der japanischen Bevölkerung wächst jeden Tag. Und so finden sich immer mehr Leute bei Demonstrationen ein, die vorher nie an öffentlichen Protesten teilgenommen haben. Bei der heutigen Großdemonstration in Tokyo spricht der Veranstalter von 20.000 Teilnehmern.


Die Frage, ob es irgendwas bringt, stellt sich hier natürlich auch. Aber man sieht es ja hier in Deutschland: wenn der Unmut der Bevölkerung groß genug ist, werden auch mal Politiker aufmerksam. Aber bis das soweit ist, hat Japan noch einen sehr langen Weg vor sich.

19.4.11

Save power and carry on!

Japan muss "dank" der beschädigten und / oder heruntergefahrenen Kernkraftwerke Strom sparen. Um genauer zu sein: der (nord)östliche Teil muss Strom sparen, da in West- und Ost-Japan unterschiedliche Stromnetze, die einen sind mit 50 Hz, die anderen mit 60 Hz unterwegs, so dass der eine Teil nicht mal eben so dem anderen mit Stromlieferungen aushelfen kann. Betroffen ist davon natürlich vor allem die Megametropole Tokyo. Und dieses Video zeigt schön, wie es aussieht, wenn in Tokyo einige Lichter ausbleiben...



Auch schön: von Grafikdesignern entworfene Plakate, die zum Stromsparen aufrufen (Sammlung bei Pink Tentacle).

16.4.11

Schlimmer als die Strahlung: Angst

Schon kurze Zeit nachdem das Unglück im AKW Fukushima bekannt wurde, begann man Fragen zu stellen: kann ich hier bleiben (wenn man zum Beispiel gerade in Tokyo war)? Kann ich dahin reisen (und da ging es nicht nur um Japan, sondern auch um den Osterurlaub in Thailand...)? Und vor allem: darf ich noch Sachen aus Japan essen? Mal davon abgesehen, dass Japan ein ziemlich großes - oder sagen wir besser langes Land ist, in dem große Teile weder von Erbeben oder Tsunami noch von der Strahlung aus Fukushima betroffen sind, beeilte sich die EU natürlich zu versichern, das nur geprüfte Waren aus Japan nach Europa kämen. Dann setzte man allerdings die Grenzwerte hoch, worauf logischerweise ein Aufschrei durch Europa ging. Und so setzte man die Grenzwerte selbstverständlich wieder herunter, auf das gleiche Niveau, wie die japanischen.

Beim Zoll, zumindest bei dem in Köln, scheint man es mit den "Einfuhrbeschränkungen" sehr ernst zu nehmen. Meine Frau Miho arbeitet in Köln in einem japanischen Restaurant, wo in der letzten Woche eine neue Köchin aus Japan ihre Arbeit begann. Diese junge Köchin bekam von ihrer Mutter ein Paket geschickt, welches wie zu erwarten beim Zoll landete, wo sie es entgegen nehmen sollte. Inhalt das Pakets: einige Kleidungsstücke und Lebensmittel, darunter von der Großmutter hausgemachte Umeboshi (eingelegte "Pflaumen"). Nur was natürlich fehlte: das Zeugnis der Strahlungsunbedenklichkeit. Mit der Konsequenz, dass das Paket aus der Heimat postwendend zurückgeschickt werden musste. Bitter. Und recht herzlos von den Damen und Herrn beim Zoll. Aber da sind wir Deutschen ja auch gut drin, Vorschriften sind da um eingehalten zu werden...

Ziemlich bitter sind allerdings auch Geschichten aus Japan über die Stigmatisierung von Bewohnern aus der Region um das AKW Fukushima. Aus Angst vor der "ansteckenden" Strahlung werden diese gemieden, gehänselt oder ignoriert. Das erinnert fatal an das Schicksal der Hibakusha, der Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.
Sorgen machen sich auch Anwohner von Müllverbrennungsanlagen, als Gerüchte die Runde machen, man werde in den Anlagen auch Abfälle und Schutt aus der Sperrzone um Fukushima Daiichi verarbeiten.

Um es mit Franklin D. Roosevelt zu sagen: "The only thing we have to fear is fear itself." Oder noch direkter aus Dune: "Fear is the mind-killer".

12.4.11

Fukushima ist NICHT Tschernobyl!

Das war ja abzusehen. Kaum gibt die Japanische Atomaufsichtsbehörde bekannt, dass sie die Kraftwerkskatastrophe von Fukushima auf Stufe 7 der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) gesetzt hat, heißt es direkt in so gut wie allen Nachrichtenkanälen: die gleiche Stufe wie Tschernobyl, also ist der "Super GAU" von Fukushima so schlimm wie Tschernobyl! Wenn nicht sogar noch schlimmer!!!

Nur: so ziemlich das einzige, was Fukushima mit Tschernobyl gemeinsam hat, ist der Umstand, dass ein Unglück in einem Kernkraftwerk passiert ist und Strahlung ausgetreten ist. Das es in Tschernobyl 10x mehr Strahlung war, das der Reaktor explodiert ist und radioaktive Teilchen hoch in die Atmosphäre geschleudert hat, das der Unglücksort nicht betreten werden konnte, das es ganz verschiedene Reaktortypen sind... all das lässt man unter den Tisch fallen, weil man ja "endlich" "zugegeben hat", wie schlimm es wirklich in Fukushima aussieht. Und diese unnötige Panikmache, das Geschäft mit der Angst vor Radioaktivität, dieses Weglassen von wichtigen Hintergrundinformationen, ich muss es so direkt sagen, es kotzt mich einfach nur noch an.

All die wichtigen Unterscheidungspunkte und mehr Informationen, was es mit dieser Bewertungsskala auf sich hat, wurde von Daniel Garcia hier anschaulich zusammengefasst. Bitte bitte, all ihr Journalisten da draussen, bemüht euch doch endlich ein bisschen, den Lesern / Zuschauern / Zuhörern das ganze Bild zu vermitteln!

Auch interessant ist, wer eigentlich die "Drecksarbeit" am Unglücksreaktor in Fukushima machen "darf". Oft war schon die Rede von Leiharbeitern. Bei Japan Probe wurden einige Berichte über die Situation der Arbeiter zusammengefasst. Klar sind auch in Fukushima "einfache" Arbeiter für "einfache" Arbeiten am Werk, aber man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass das in anderen Ländern auch nicht groß anders aussähe.

Um mit einer versöhnlicheren Note abzuschließen: ab heute ist das "aus Twitter geborene" #quakebook "2:46: Aftershocks: Stories from the Japan Earthquake" erhältlich, als digitaler Download bei Amazon. Der komplette Kaufpreis geht an das Japanische Rote Kreuz, also bitte: kaufen! Nicht nur des guten Zwecks wegen...

11.4.11

Alles verstanden?

Ein positiver Seiteneffekt des regelmäßigen Konsums japanischer Nachrichten ist, dass ich einige neue Vokabeln gelernt habe. Zum Beispiel 無事 (ぶじ / buji), direkt übersetzt quasi "Kein Ding", was so viel wie "Alles in Ordnung" heißt. Das gleiche wie 大丈夫 (だいじょうぶ / daijoubu), nur halt wesentlich kürzer. Ein anderes Wort ist 原発 (げんぱつ / genpatsu), auf Deutsch "Atomkraftwerk". Eigentlich ist das Wort viel länger, 原子力発電所 (げんしりょくはつでんしょ / genshiryokuhatsudensho), kein Wunder, dass man das abkürzt.

Zur gleichen Zeit habe ich viele Orts- und Präfekturennamen (Miyagi, Iwate, Fukushimi all die Orte mit Minami- und Higashi- am Anfang) und ihre Lage gelernt und so Dinge wie, dass Kesennuma bekannt für Haifischflossen ist. Bzw. wohl war, die Stadt wurde durch den Tsunami größtenteils zerstört. (Zu sehen zum in diesem heftigen Video...)

Einen wichtigen Anteil hatte die fremde Sprache sicherlich auch für das (Flucht)verhalten vieler in Japan lebender Ausländer und der nicht-japanischen Presse. So sagt Yuri Okina, Vizepräsident des "National Institute for Research Advancement"-Think Tanks, in einem Interview mit Japans größter Wirtschaftszeitung "Nikkei Shinbun" (Zusammenfassung von Matt Alt), dass die Verunsicherung bei Nicht-Japanern vor allem darauf zurückzuführen sei, dass die japanische Regierung und Kraftwerksbetreiber TEPCO zunächst gar keine und später nur sehr wenig Informationen in Englisch weitergab. Wodurch das Gefühl verstärkt worden sei, es solle etwas "verheimlicht" werden. Man hat es ja in den hiesigen Nachrichten gesehen, die Pressekonferenzen des Regierungssprechers Edano wurden so gut wie immer von NHK World übernommen, samt englischer Simultanübersetzung. Das sich bei dieser Form der Informationsbeschaffung auch mal der ein oder andere Fehler einschleicht, sollte nicht verwundern.

So bleibt der Ratschlag: um in Sachen Japan voll informiert zu sein - lernt Japanisch!

10.4.11

Was ändert sich?

Die Berichterstattung aus Fukushima wird immer routinierter. Kein Wunder, schließlich rechnet man mittlerweile damit, dass man mit der "endgültigen" Lösung des "Problems" Fukushima Daiichi noch Jahre beschäftigt sein wird. Man ist noch weiter davon entfernt davon, die Lage im Griff zu haben, aber man hat sich einfach daran gewöhnt, das dem so ist.

So langsam vorbei mit der Routine scheint es aber mit dem Verhältnis von immer mehr Japanern gegenüber der Kernkraft zu sein: das schlägt sich zum einen in dem starken Mißtrauen gegenüber Fukushima Daiichi-Betreiber TEPCO und der Regierung nieder und zum anderen in der wachsenden Zahl von Demonstranten. Versammelten sich bisher immer nur einige Dutzend Kernkraftgegner aus Dörfern in der nähe von geplanten Kraftwerksbauten vor den Konzernzentralen, waren es jetzt nach Schätzungen von Augenzeugen mehrere Tausend, vor allem junge Leute, die gegen ein Kernkraftwerk in Hamaoka demonstrierten. Das Kraftwerk liegt in einem (selbst für japanische Verhältnisse) stark erdbebengefährdeten Gebiet.


Da die meisten Japaner im Demonstrieren nicht so sehr geübt sind, haben sich einige Aktivisten die Mühe gemacht, im typischen "Kawaii"-Stil eine kleine Anleitung "Meine erste Demo" zusammenzustellen. "Was ist überhaupt eine Demo?", "Was macht man da?", "Was soll ich mitbringen" etc., alles wichtige wird erklärt.

Eine andere Möglichkeit seine (evtl.) geänderte Stimme kundzutun bieten die heutigen Lokalwahlen in Japan. Dabei wird unter anderem der Gouverneur von Tokyo gewählt. Das ist seit 1999 Shintaro Ishihara, ein Mann der zuletzt mal wieder unangenehm auffiel, als er das Erdbeben und den Tsunami als "göttliche Strafe" für den "Egoismus" und die "Gier" der Japaner bezeichnete. Aber auch trotz solcher Äußerungen ist er auch wieder einmal zum Gouverneur gewählt worden, ein "Fukushima-Effekt" wie in Baden-Württemberg ist in Tokyo also ausgeblieben.

3.4.11

Neues aus Fukushima

Neuigkeiten (oder gerne auch Spekulationen) aus dem Unglücksreaktor in Fukushima bestimmen nicht mehr gefühlte 24 Stunden die Nachrichten. In den vergangenen Stunden fielen neben dem üblichen "die Sache ist immer noch kritisch" vor allem zwei Meldungen auf. Zum einen, dass die Verseuchung des Meerwassers durch einen 20cm langen Riss im Reaktorboden verursacht wurde (die Reparatur mit Zement schlug wohl fehl, man versucht es jetzt mit Alternativen) und zum anderen, dass zwei Leichen auf dem Reaktorgelände gefunden wurde. Es handelt sich um Kraftwerksmitarbeiter, die allerdings schon seit dem Tag des Bebens und des Tsunamis vermisst wurden. Es ist also davon auszugehen, dass die beiden durch den Tsunami und nicht durch Verstrahlung gestorben sind.

Interessant sind allerdings auch die eher unerwarteten "Nebenwirkungen" der Reaktorkatastrophe. So stiegen an bekannten "nuklearen" Touristenzielen wie dem Atombombentestgelände in Nevada oder Atomraketensilos in Arizona die Besucherzahlen in den letzten Wochen deutlich an. Das das Interesse an nuklearen Informationen deutlich gestiegen sind, merkt auch der Betreiber der Seite "The Virtual Nuclear Tourist", bei dem sich die Besucherzahlen im März mehr als verdoppelt haben. Mehr dazu in diesem Artikel der Seattle Times.

Andere Auswirkungen, wie die Leere der Supermarktregale in Tokyo, haben sich inzwischen wieder etwas normalisiert. Ein Produkt, dass aber weiterhin seltener ist, ist... Jogurt. Das sei laut Hersteller auf die temporären Stromausfälle zurückzuführen, die den Westen Japans seit dem Erdbeben mal geplant, mal ungeplant heimsuchen. Wird während des Herstellungsprozesses die Kühlung unterbrochen, ist die gesamte Tagesproduktion unbrauchbar. Besteht also die Aussicht auf Stromausfälle, verzichtet der Hersteller auf die Produktion von Jogurt.

Die Herstellung von Natto ist ebenfalls durch die Beschädigung von Produktionsstätten eingeschränkt. Und will man seine Sorgen in Bier ertränken, dann könnte das mitunter auch nicht so einfach sein, da durch die Zerstörung der Infrastruktur nur eingeschränkte Mengen hergestellt und transportiert werden können.

Was allerdings nichts gegen die Sorgen sind, die in den vom Tsunami total verwüsteten Gegenden lebenden Menschen haben. Die sind schon über eine warme Tasse Tee froh, die von muslimischen Freiwilligen bekommen. Oder etwas Privatsphäre durch Zelte, wie solche, die sich in einer "Überlebenskiste" von ShelterBox befinden. Niemand wird sicher sagen können, wie lange es dauern wird, bis sich die Lage in ganz Japan wieder normalisiert. Aber wenn man die Auswirkungen, im Kleinen wie im Großen, sieht, dann ist klar, dass es verdammt viel Zeit brauchen wird.

1.4.11

Kaufen und Helfen

Wer nützliche (Spenden für Japan) mit dem Angenehmen (Shopping!) verbinden möchte, der hat im Netz viele viele Möglichkeiten. Klar, man kann bei iTunes ein Charityalbum kaufen, aber es gibt auch sehr viel an Kunst und Design, bei dem die Erlöse wohltätigen Zwecken gespendet werden. Jean Snow hat beispielsweise eine ganze Menge solcher Angebote auf seiner Seite gesammelt. Auch mein liebster T-Shirtladen Graniph hat jetzt eine Sonderauflage für den guten Zweck im Programm und auch die Shirts und Taschen von meemalee machen was her. Zu lesen gibt es auch bald etwas, über Twitter wurde innerhalb weniger Tage das "Quakebook" organisiert, in dem Beiträge aus aller Welt gesammelt sind, von direkt Betroffenen, aber auch von Autoren aus aller Welt. Dabei sind auch so große Namen wie William Gibson oder Yoko One. Also, bald in gedruckter Form oder digital. Und jetzt: auf geht's, shoppen für den guten Zweck!

Domo arigatou, Mr. Roboto!

In den Tagen nach der unfassbaren Erdbeben- und Tsunamikatastrophe sassen die Japaner gebannt vor dem Fernseher, wo auf allen Kanälen nonstop Nachrichten liefen. Doch zwischendurch muss jeder Fernsehsender auch noch etwas Geld verdienen und zeigt Werbung. Aber kann man angesichts dieser Katastrophe Werbung über Spülmittel oder Bier zeigen? Die japanischen Sender entschieden sich fast ausschließlich Werbung von AC, dem Advertising Council Japan, zu zeigen. AC macht ... Aufklärungsspots, über Dinge wie Umweltverschmutzung, Krankheiten wie Krebs oder gute Manieren. Also so Sachen wie bei uns mit "Keine Macht den Drogen", "Gib AIDS keine Chance" und so etwas.

Ein Werbespot lief nahezu in jeder Werbepause und trieb die Zuschauer mit seinem "Popopopoooooon!" nahezu in den Wahnsinn. Es geht ums richtige Grüßen, brav Danke sagen usw. Jede Floskel kriegt dann noch ein Anhängsel dazu und wird zu einem Tier. So wird also zum Beispiel aus "Konbanwa" (Guten Abend) das "Konban-Wani", das Guten Abend-Krokodil oder aus "Sayonara" (Auf Wiedersehen) der "Sayona-Raion", der "Auf Wiederseh-Löwe". Hier das Video in voller Pracht:





Schaut's euch ein paar mal an, ihr werdet das "Popopopoooooon!" nicht mehr los.

Auf jeden Fall kam's wie es kommen musste, die Netzbevölkerung entdeckte das Video für sich und produzierte einige Parodien. Nicht nur das aus den Floskeln Tiere werden - nein, aus den Tieren werden jetzt auch noch Roboter! Japan Probe hat einige dieser Videos gesammelt, viel Spaß beim ansehen!

Sayona-Raioooon!

31.3.11

Und da ja war ja noch was...

Nachdem Fukushima immer noch in Topmeldungsregionen kreist, ist man fast versucht zu vergessen, welche unglaublichen Schäden der Tsunami im Nordwesten Japans hinterlassen hat. Nachdem sich die Lage dort langsam (sehr sehr langsam) ordnet, berichten auch Reporter aus der Region immer öfter. Besonders beeindruckend fand ich diese beiden Fotoreportagen von 37frames und von Max Hodges. Wenn man diese Bilder sieht, versteht man, dass es noch eine lange Zeit dauern wird, bis all das Chaos wieder in Ordnung kommt.

So, mir reicht's!

Ja, mir reicht's. Mein ewiges "Ach, ich könnt ja nochmal was bloggen..." und es dann doch nicht tun. Aber vor allem jetzt im Moment: diese ewige Strahlungs-/Fukushima-Panikmache in den deutschen Medien. Klar, hier und da gibt es Ausnahmen. Aber wenn ich dann wieder so Beiträge wie "Kann ich unbesorgt meinen Thailandurlaub antreten?", "Oh je, oh je, was wird denn jetzt aus dem Sushi?" sehe, dann schwillt mir der Kamm.

Was in den meisten Fällen bei den Berichten und Meldungen fehlt, ist der Vergleich. Wenn von erhöhten Werten geredet wird, wie sehen zum Beispiel die "normalen" Werte aus? Und wie sind die "normalen" Werte hier bei uns? Eine ergiebige Quelle für solche Informationen ist für mich derzeit vor allem Twitter. Wer Leuten wie Gakuranman, Daniel Garcia oder Matt Alt folgt, wird ständig mit aktuellen Daten aus Japan und vor allem Hintergrundinformationen versorgt.

Es gibt auch einige interessante Seiten, die wie zum Beispiel fleep.com ständig aktualisierte und visualisierte Werte bieten. Oder microsievert.net, wo aktuelle Strahlungswerte als Animation dargestellt werden.

Ich will versuchen, in nächster Zeit hier weitere Hintergrundinformationen zu sammeln. Auch soweit es mir möglich ist, über das Leben an sich in Japan zu berichten, bzw. was die Japaner so denken (immer zu empfehlen ist da natürlich die hochgeschätzte Kollege Tabibito!). Wie gesagt, soweit möglich, schließlich bin ich weit entfernt hier in Deutschland. Aber ja immerhin mit einer Japanerin verheiratet. Also: frisch ans Werk!