14.4.07

You might think we're not in Japan anymore

Schon bevor es heute richtig zu unserer Tagestour nach Nagasaki losging, hatte ich einiges zu erledigen. Erstmal Postkarten abschicken (kommen bestimmt 2 Wochen, nachdem ich wieder zu Hause bin an), dann das letzte Geld vom Konto abbuchen und dann noch schauen, wie wir morgen in unseren beschaulichen Badeort inkl. Ryokan im Herzen Kyushus kommen. Praktischerweise fährt ein Highwaybus auch vom Bahnhof Hakata ab, so dass wir nicht allzu viel herumsuchen müssen. Die Plätze haben wir uns gleich heute reserviert, 3000 Yen (ca. 20 Euro) kostet uns die dreistündige Fahrt pro Person.

Als das dann alles geklärt war, ging es dann mit dem Sonic Limited Express (derzeit ist Hakata die Shinkansen-Endstation in Richtung Süden) in einer zweistündigen Fahrt nach Nagasaki. Den meisten wird diese Stadt wohl vermutlich vor allem wegen eines verhängnisvollen Lochs in der Wolkendecke am 9. August 1945 bekannt sein. Diese günstige Gelegenheit nutzten die Amerikaner nämlich an eben diesen Tag um über der Stadt die zweite Atombombe nach den von Hiroshima drei Tage zuvor zu zünden. Das Nagasaki doch auch schon vorher eine bewegte Geschichte hatte, wurde uns schon auf dem Weg zu den Atombomben-Erinnerungsstätten bewusst. Zufällig kamen wir nämlich am Mahnmal der 26 Märtyrer Nagasakis vorbei.

Dieses Mahnmal erinnert an die Kreuzigung 26 dem christlichen Glauben angehöriger Missionare und Laien im Jahre 1597 (weiteres dazu gibt es zum Beispiel hier). Noch heute ist Nagasaki ein Zentrum des christlichen Glaubens in Japan. Auch den Einfluss der europäischen Händlern ist in Teilen der Stadt noch ziemlich auffällig. Doch zunächst führte uns unser Weg zu Atombombenmuseum.

Ähnlich wie in Hiroshima ist das Museum mit beeindruckenden Exponaten der Kraft der Atombombe gefüllt. Zerbogene Stahlträger, geschmolzene Münzen und Flaschen, verbrannte Steine. Leider wurde die eigentlich im Museum herrschende Atmosphäre (mal wieder) durch eine laut plappernde chinesische Reisegruppe gestört. Glücklicherweise waren die genau so schnell durch die Räumlichkeiten gerauscht wie sie sich laut unterhielten.

Noch ergreifender als die Beweisstücke der Zerstörung sind immer wieder die Berichte der Opfer. In Nagasaki waren dies nicht nur Einheimische, sondern auch hier viele (vor allem koreanische) Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Auf deren Schicksal wir in Nagasaki noch weiter eingegangen als ich Vergleich zu Hiroshima, wobei bei letzterem die Vorgeschichte, die zum Abwurf führte deutlicher dargestellt war.

Ebenfalls ausführlich wurde auch die noch immer existierende Bedrohung durch Atomwaffen in der Gegenwart dargestellt. Wer denkt schon daran, dass die USA und die ehemalige Sowjetunion noch immer im Besitz tausender Nuklearwaffen sind?

In einem gleich neben dem Atombombenmuseum gelegenen unterirdischen Bau wurde ein Ort geschaffen, an dem den bislang offiziell über 140.000 Opfern Nagasakis der Atombombe gedacht werden kann. In dem nüchternen unterirdischen Bau sind in Lichtsäulen die Namen der Opfer zur dauernden Erinnerung untergebracht. Nachts leuchten im Brunnen, der auf dem Bau ruht, 70.000 kleine Lämpchen, als Symbol für die Zahl der Opfer, die vermutlich direkt durch die Zündung der Bombe starben.

Von einer Aussichtsplattform oberhalb der Museen hat man die Gelegenheit in das "neue" Nagasaki zu werfen, das zum einen von den Bergen links und rechts umgeben schön liegt und zum anderen wie auch Hiroshima eine absolut lebendige Stadt ist.

Ein paar Meter weiter kommt man zum "Ground Zero", dem Zentrum an dem die Bombe gezündet wurde. Ungefähr fünfhundert Meter höher explodierte "Fat Man" damals...

Nach soviel Schwermut wollten wir zurück ins lebendige Nagasaki. Mit der rumpeligen Straßenbahn (dafür 100 Yen, ca. 60 Cent Festpreis, egal wo man hin will) ging es zurück ins Zentrum, zunächst an diversen alten Steinbrücken vorbei. Die älteste davon ist die sogenannte "Brillenbrücke", eine der ältesten Steinbrücken Japans. Und dreimal dürft ihr raten, wie die zu ihrem Namen gekommen ist...

Auf unserem Weg fanden wir noch ein sehr interessantes Geschäft - ein "Hard Off", sozusagen ein Schwesterladen der "Book Off"-Shops, nur das im "Hard Off" vor allem Hardware verkauft wird. Instrumente, Verstärker, Stereoanlagen, PCs... ich kenne einige Leute, den kämen sicher die Tränen, wenn ich hier schreibe, dass es dort einen bestens erhaltenen 1210er für rund 200 Euro gab. Und Mixer (die für DJs), Mikros, Effekte, Drummachines... ich höre besser auf.

Es ging weiter durch eine in keiner Stadt zu fehlende Einkaufsarcade, durch das kleine Chinatown der Stadt, bis wir schließlich am Holländerpfad gelandet waren. Wie bereits erwähnt hatte Nagasaki eine bewegte Geschichte hinter sich und war unter anderem in Zeiten der Isolierung einer der wenigen "offenen" Häfen Japans. Und dementsprechend gab es dort auch viele Holländer (bzw. Europäer im allgemeinen, "Holländer" war der Sammelbegriff). Und noch immer erhält Nagasaki einen Teil der alten Niederlassungen dieser Europäer. Ein wenig fremd wirken sie schon, diese "westlichen" Bauten...

Mittlerweile, nach mal wieder vielen, vielen Kilometern war es später Nachmittag geworden und angesichts der längeren Rückreise auch Zeit an den Aufbrauch zurück zu denken. Ich kaufte mir im Bahnhof noch mein Nagasaki-Ekiben (bei 2/3 der Sachen hatte ich zwar keine Ahnung, was es war, aber es war lecker) und dann ging es zurück auf die laaaange Zugfahrt (ohne was zu lesen ist doch doch arg fad) in die Abenddämmerung.

Und morgen: ab in die Pampa! Zum Luxus! Eigenes Heiße Quellen-Bad im Zimmer! Luxusessen! Seien wir gespannt...

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