22.8.08

Schlag ins Wasser

Und schon geht es wieder fröhlich weiter Richtung Norden, das Ziel heißt dieses mal Aomori (grüner Wald, wobei es auch blauer Wald heißen könnte, die Farbe "aoi" ist da etwas flexibel). Ich werde damit mein nördlichstes Ziel meiner Reise erreichen und ich hoffe trotz der Nördlichkeit auf besseres Wetter als gestern in Sendai. Da hat es nämlich, welch Überraschung, ich hatte ja nur einen Ausflug geplant, mal wieder wie aus Eimern geschüttet. Eigentlich hatte ich vor mir die Bucht von Matsushima anzusehen, die als einer der schönsten Gegenden Japans gilt. Nur war davon nichts zu sehen gestern. Ich bin mit dem Zug zum nächstgelegenen Fährableger gefahren, in der Hoffnung, das Wetter würde sich etwas bessern. Aber nichts dergleichen, weiter Bindfadenregen, heftiger Wind, alles grau in grau. Da die Fährfahrt auch mal rund 10 Euro gekostet hätte, beschloß ich, dass das zwecklos und Geldverschwendung wäre und kehrte durchnässt (meine Hose zumindest, meine Schuhe waren auch nass, aber da kam nix durch, gute Investition) wieder nach Sendai zurück.

Und was macht man so, wenn es nicht so läuft, wie man es gern hätte und Zeit tot zu schlagen hat? Klarer Fall: Frustshopping! Aus dem Bahnhof raus gab's direkt ein Anlaufziel, ein "Loft" (ein Kaufhaus wie bei uns Kaufhof, Karstadt etc.), der neben einem HMV und einem Muji vor allem eins hatte: ein Village/Vanguard! Diese Kette hatten Martin und ich beim letzten mal zufällig in Fukuoka entdeckt. Die Läden sind vollgestopft mit lauter Dingen, die man nicht wirklich braucht: Scherzartikel, Spielzeug, ungewöhnlich Musik, Bücher und Manga und für mich immer ein beliebtes Ziel: die Holga-Abteilung. Das sind ähnlich wie Lomo ungewöhnliche und billige Kameras, von ganz miniklein (hatte ich beim letzten Mal schon gekauft) bis zur Luxusausführung mit Farbblitz, Filtern und Ministativ. Ich hatte überlegt mir mal die Standardausführung einer Holga zu holen, die mit 120er Rollfilm arbeitet (gibt auch Adapter für 35mm Film und Polaroid), aber ich entschied mich dann für eine "Golden Half"-Kamera, ein Halb-/Hochformatkamera und einen dazugehörigen Blitz. Da diese Kamera auf einem 35mm Film nur die Hälfte belichtet, kann man damit doppelt so viele Fotos machen, mit dem beiliegenden 24er als 48 Fotos. Ich bin mal sehr gespannt auf die Bilder, die da rauskommen.

Weiter ging es dann in die Einkaufsarkaden. Ein Großteil der Innenstadt durchzieht eine ziemlich große überdachte Fußgängerzone. Bei dem Mistwetter war das natürlich optimal. Und wieder fand ich diverse Läden, die ich in Tokyo auch schon besucht hatte - nur waren die hier besser ausgestattet! Zum Beispiel der ABC Schuhladen, eine Riesenauswahl... und ich war wieder kurz davor die Adidas Grün zu kaufen, halber Preis, Statt ursprünglich rund 65 Euro jetzt 35 Euro. Und ich überlege noch lange, tss... Nein, ich hab sie stehengelassen. Das Geld hab ich dann in einem Videospielladen gelassen, wo ich "Rythm Tengoku Gold" und "Taiko no Tatsujin DS" gebraucht kaufen konnte. Das geile ist ja: man kann Gebrauchtware kaum von Neuware unterscheiden, in 1A Zustand.

Wo ich auch wieder gelandet bin, war in der Spielhalle, wo ich noch ein paar Runden "jubeat" eingelegt habe. Jetzt wo ich den e-Amusement Pass habe und somit meine Fortschritte gespeichert werden, wird das ganze noch süchtigmachender. Ich kann neue Lieder freischalten und andere Gimmicks und kann in höhere Level aufsteigen. Wie gesagt, macht süchtig. In einer anderen Spielhalle hab ich dann noch Guitar Freaks V Infinity-was-weiß-ich ausprobiert. Aber "Guitar Hero" ist einfach wesentlich besser, es fühlt sich wesentlich "echter" an. Von der besseren Musikauswahl ganz zu schweigen, wobei ich ein paar J-Rock-Sachen auch gerne bei Guitar Hero hätte.

Irgendwann war es dann auch Zeit etwas zu essen und so kehrte ich in das nächstbeste kleine Restaurant ein, das damit warb, das Menu auch in Englisch zu haben. Drinnen saßen zwar nur ein paar Ommas (hatte vielleicht auch etwas mit der Uhrzeit zu tun, 16 Uhr), aber egal. Ein kleines Menu aus Tenpura-don (frittierte Garnele und Gemüse auf Reis) und Udon (dicke Nudeln in Suppe) bestand. Dazu gab es wie üblich ein Glas Wasser und eine Tasse heißen Tee, alles auf Anfrage nachfüllbar (wie gesagt, wann, Deutschland, ach vergiss es). Ich musste keine 5 Minuten warten, da stand alles auf dem Tisch, alles sehr lecker und mit rund 7 Euro auch nicht wirklich teuer.

Ach, wo wir grad beim Essen sind, bei McDonalds gibt es momentan den BigMac für 200 Yen, also rund 1,20 Euro. Normalpreis ist 640 Yen, knapp 4 Euro. (Damit ist Mikas Frage jetzt auch geklärt)

Auf dem Weg zurück zum Ryokan kam ich noch an der Sendai Mediathek vorbei. Das ist eine Mischung aus öffentlicher Bibliothek, Museum und Kultur- und Bildungszentrum. Im Eingangsbereich gibt es einen sehr interessanten Nadiff-Shop, wo es neben diversen Büchern und Zeitschriften über Architektur und Kunst auch einige interessante Designdinge zu kaufen waren, zum Beispiel T-Shirts, Taschen, Flipflops usw. Im Bibliotheksbereich gab es auch zwei englischsprachige Tageszeitungen zu lesen, wo ich dann auch endlich mal Klarheit bekam, warum sich hier Sumooffizielle ständig eim Fernsehen entschuldigen: der russische Top-Sumoringer Wakanoho hat sein Portmonee verloren und darin war eine "russische" Zigarette. Offensichtlich ist es dort üblich in die Zigaretten eine Ladung Marihuana reinzumischen. Dummerweise fand man bei der Durchsuchung der Sumoringerunterkünfte noch ein Pfeifchen und nochn büschen Gras. Das geht natürlich ü-ber-haupt-nicht! Neben dem schweren Regen und natürlich dem Flugzeugabsturz in Madrid _die_ Nachricht derzeit in Japan. Na gut, wenn nicht schon wieder jemand eine Medallie gewinnt (oder verliert, Schlaaand!).

Im nächsten Stockwerk, in der Gallerie gab es dann eine Ausstellung, Thema war irgendwas mit Kunst und die Stadt. Kostete aber Eintritt und da ich schon diverse Stunden wieder rumgelatscht war, fehlte mir auch die Motivation. Schade, hätte ich das mal früher gewusst.

Wieder im Ryokan angekommen ging's erstmal ins Bad. Hier ist das Bad relativ klein, am ersten Abend stand ich erstmal wie Hein Blöd nackt in der Gegend rum und musste warten, bis einer der drei Waschplätze frei wurden. Und ich kann euch sagen, die Japaner sind sehr gründlich bei der Wäsche vor dem Bad. Dieses Ryokan hat auch nicht so ein typisch japanisches Bad, sondern ein Jacuzi. Keine Ahnung was da toll dran sein soll. Wirklich entspannt rumliegen konnte ich da zumindest nicht (insbesondere, wenn da noch einer mit drin ist). Immerhin hatte ich gestern das Bad für mich allein und konnte mir ordentlich Zeit lassen.

Nicht allein war ich aber offensichtlich sonst. Eine Gruppe Schüler hatte sich wohl einquartiert und die liefen ständig durch die Gänge. Einer der wenigen Nachteile dieser Unterkunft, es war recht hellhörig. Als ich aber um halb zwölf ins Bett ging, war es relativ ruhig.

Heute morgen ging es dann ans auschecken. Gestern hatte ich etwas zu viel ausgegeben und hatte nicht genug Bargeld am Mann. Aber Visa sollte kein Problem sein, also Bitte sehr. Tja, was dann folgte war eine Viertel Stunde herumprobieren, hier Knopf drücken, da was eingeben, mit dem eCash-Terminal-Anbieter telefonieren, wie auch immer: irgendwie wollten die meine Kreditkarte nicht. Dann bin ich halt fix um die Ecke zur Post geflitzt und hab da noch etwas Geld abgehoben. Doof ist nur: ausgerechnet jetzt scheint sich meine Bankkarte zu verabschieden, die hatte schon vorher mal 5 Versuche gebraucht, bis der Automat sie annahm. Zum Glück hab ich noch eine Ausweichkarte dabei, die ich allerdings nur im Notfall brauchen wollte. Naja, ist ja ein Notfall. Also wieder zurück, für die Mühen entschuldigt, im Gegenzug entschuldigt sich die Besitzerin noch für den Lärm der Schüler, ein kurzes Schwätzchen über das nächste Ziel und dann verabschiedet und zum Bahnhof.

Am Bahnhof habe ich mir, nachdem ich mein Zugticket hatte, erstmal das übliche Ekiben besorgt. Spezialität Sendais: Gyutan, Kalbszunge. Hab ich vorher noch nie gegessen, sah aber lecker aus, also ab dafür. Schmeckt übrigens sehr gut, festes Fleisch (kein Wunder, ist ja fast nur gut durchtrainierter Muskel) und ordentlich gewürzt, bei den Beilagen gab es sogar ein paar Pepperoni! Schärfe gibt es, mal vom Wasabi abgesehen, in Japan eher seltener.

So, mittlerweile sitze ich im Intercity nach Aomori, in einer halben Stunde bin ich da. Dann muss ich erstmal nach einer Möglichkeit suchen ins Internet zu gehen. Ich hab nämlich total vergessen auszudrucken, welches Hotel ich reserviert habe und jetzt muss ich erstmal noch meine Mails checken und das nochmal nachschauen. Irgendwie sollte das ja hinzukriegen sein.

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