26.8.08

Doch mal ein bißchen Kultur

Heute habe ich wieder einen Tagesausflug unternommen und, welch Wunder!, es hat nicht geregnet! In der Nacht dachte ich, es würde die ganze Zeit durchregnen, aber meine Zimmergenossen haben einfach nur die Aircon durchlaufen lassen. So war es wenigstens erträglich kühl, die Temperaturen haben nämlich wieder angezogen und nähern sich den 30°C.

Das Ziel des heutigen Ausflugs war die Hafenstadt Kobe. Im Rest der Welt bekannt zum einen durch das heftige Erdbeben 1995, bei dem über 6000 Menschen ihr Leben verloren und zum anderen das Kobe Beef, das teuerste Rindfleisch wo gibt. Deswegen war ich aber nicht gekommen (insbesondere letzteres wäre sicher zu teuer gewesen, bei einem Kilopreis von 600 Euro), Ziel war das Kunstmuseum der Präfektur Hyogo. Aus dem einfachen Grunde, weil es von Tadao Ando entworfen ist und ich den Besuch von Museen bisher so gut wie vermieden habe (nur das Hokusai-Museum in Obuse).

Also mal flott mit dem Shinkansen hingedüst, dank Japan Rail Pass kein (finanzielles) Problem, dauert eine halbe Stunde von Kyoto aus. Am Bahnhof Shin-Kobe (Neu-Kobe, Shinkansen halten öfter mal an Bahnhöfen, die extra nur für diese Linien gebaut wurden, ähnlich wie mit den ICE bei uns) angekommen, war ich durch die Beschilderung erstmal verwirrt und brauchte etwas, bis ich überhaupt aus dem Bahnhof in die Stadt rausgefunden hatte. Vorher noch an der Touristeninfo eine Stadtkarte geschnappt und gesehen, dass gleich neben dem Bahnhof eine Seilbahn in die Berge hinter Kobe fährt. Also nicht lang gefackelt, hin da und die Stadt mal von oben angeguckt. Oben an der Endstation des Shin-Kobe-Ropeway angekommen kommt man sich in eine fake-mittelalterliche deutsche Stadt versetzt, mit Fachwerkhäuschen und Stadttor. Dortdrin untergebracht die üblichen Sehenswürdigkeitsstandards, Café und Souvenirladen. Und zum Gelände gehört aber auch ein Geruchsmuseum (eher ein Duftmuseum, das sich mit der Herstellung von Parfums usw. auseinandersetzt) und ein Kräutergarten. Im Souvenirladen gab es dann auch Samen für alle möglichen Kräuter zu kaufen, darunter solche Sachen wie Zitronen- und Zimtbasilikum.

Und dann gab es nebenbei ja auch noch die Aussicht auf die unten liegende Stadt Kobe, den Hafen und die Seto Inlandsee, an dessen Ufer Kobe liegt. Ach, und Osaka konnte man auch sehen, schließt sich ja nahtlos an Kobe an. Ein paar Fotos gemacht (bin ich jetzt so faul für die hochzuladen), ein wenig herumspaziert und dann wieder runter mit der Seilbahn. Lustig war die Zwischenstation auf halber Strecke, wo kurz die Türen geöffnet und mit Gebläsen frische Luft in die Gondeln geblasen wurde.

Unten wieder angekommen beschloß ich mir noch das "Rheinhaus" anzusehen, welches ich zufälligerweise auf der Karte entdeckt hatte. Das Stadtviertel unterhalb der Seilbahn beherbergte früher die Vertretungen vieler ausländischer Staaten, da Kobe zu Zeiten Öffnung Japans während der Meiji-Ära ein wichtiger Hafen und Handelsplatz wurde. So finden sich in den engen Straßen viele westlich aussehende Häuser, in denen an diese Vergangenheit erinnert wird. Allerdings meistens nur als Vorwand um Souvenirs zu verkaufen oder um ein schickes Setting für Hochzeiten im westlichen Stil zu bieten. Im Rheinhaus also, ein bürgerliches Haus des 19. Jahrhunderts, gab es eine Ausstellung zur Entwicklung des Viertels und zu den Restaurationen, die nach dem Erdbeben 1995 nötig waren. Ganz interessant, aber warum das jetzt "Rheinhaus" heißt, wurde mir auch nicht ganz klar.

Nächstes Ziel also das Kunstmuseum. Es folgte ein längerer Fußmarsch durch die belebte Innenstadt. Es war gerade Mittagszeit und so sah man viele Anzugträger und Office Ladies durch die Straßen ziehen, die gerade zum Essen gingen oder von dort kamen. Ich hab mir nur kurz im Konbini zwei Onigiri (gefüllte Reisbällchen) besorgt, wirklich hungrig war ich nicht. Eine halbe Stunde später war ich dann am Ziel angekommen. Viel los war nicht gerade und so hatte ich schon die Befürchtung, ich hatte den japanischen "heute sind Museen alle geschlossen"-Tag erwischt. Aber die Tür öffnete sich, die Kassen waren besetzt, also auf geht's. Es gab eine Ausstellung über die Neuerwerbungen des Museums. Hauptsächlich gab es die Werke japanische Künstler des 20. Jahrhunderts zu sehen, welche mehr oder weniger stark durch die westliche Kunst beeinflusst waren. Oft war dabei kein wirklicher Unterschied festzustellen, jedoch waren auf einigen Bildern doch die japanischen Wurzeln erkennbar. Vor allem in Sachen Bildkompostion waren ein paar ungewöhnliche Bilder dabei. Ein paar Bilder von Ryohei Koiso fand ich sehr schön, sie wirkten sehr lebendig, tolles Licht in den Gemälden und manchmal wirkte es fast wie ein Foto, im richtigen Moment eingefangen.

In einer der Gallerien wurde man gebeten, Uhren, Ringe, Ketten und ähnliches abzulegen und sich die Hände sauber zu machen. Es gab nämlich ein paar Skulpturen zum anfassen. Vor allem geometrische Figuren aus verschiedenen Steinarten, bei denen man durch die direkte Interaktion die Perspektive und somit den Eindruck ändern konnte. Dazu gab es noch ein paar Holzstämme, glattgeschliffen, zu "begreifen".

Das Gebäude selbst ist wenig aufregend, von Naturstein eingefasst und innen der Ando-typische nackte, aber spiegelglatte und feine Beton. Ando hat aber nicht nur das Museum entworfen, sondern auch die Hafenpromenade vor dem Museum, mit großzügigen Freitreppen und kleinen Amphitheatern. Dort machte sich aber schon der Zahn der Zeit, bzw. das es nicht sooo wahnsinnig belebt es dort unten. Durch die Fugen sprossen die Pflanzen (das gute alte Unkraut) und auch sonst sah es bei seiner Einweihung sicherlich etwas schicker aus.

Da mein Akku langsam ausgeht, viel aufregendes gibt es eh nicht mehr, der Rest in Kurzform. Ich war erschöpft, machte noch einen kurzen Zwischenstopp in einem Kaufhaus (übrigens hab ich immer noch keine Spielhalle mit jubeat gefunden, überall gibt's riesige Pachinkohallen, aber ne gute Arcade fehlt mir noch zum Glück) und dann zurück, bergauf, zum Bahnhof. Dort angekommen, hatte ich den Zug gerade verpasst. Mit der Konsequenz, dass ich eine geschlagene Stunde warten musste. Ächz. Zu allem überfluss hatte ich nix für den Zeitvertreib dabei und der Akku vom Handy ging mal wieder aus. Aber die Rettung war nah, im Laden im Bahnhof gab es Batteriepacks für die handelsüblichen Handys zu kaufen! Gerettet, die zeit ging schnell vorbei, ich bin wieder in Kyoto, im Zimmer sind 3 neue Leute (Chinesen glaub ich, die waren wieder weg, als ich vom Klo wiederkam), jetzt muss ich auf's Klo und dann etwas essen. Und morgen geht es dann weiter nach Matsuyama, zum ältesten Onsen Japans, oder so ähnlich.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sesesan, du machst das so gut mit dem Reisen. Und ich habe schon wieder fernweh... ach, wenn doch alles so super einfach wäre. Liebelein, die Vans in Größe ... warte US 7,5 (EU38) in cm24,5! und such was schönes aus, ich vertrau dir. und wenn du wieder da bist, dann suche ich mir bei dir mal abgefahrene Bilder aus, ja?!
rocknroll! bis bald... wie lang is noch?
fide